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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 10.01.2000
Aktenzeichen: 1 U 100/98
Rechtsgebiete: GOZ


Vorschriften:

GOZ § 9
1. Die BEL-Liste, die als Höchstpreisliste im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt worden ist, kann für eine privatärztliche Versorgung nicht herangezogen werden. Sie ist unter sozialversicherungsrechtlichen und politischen Gesichtspunkten entwickelt worden und soll lediglich eine nach wissenschaftlichem Stand ausreichende und zweckmäßige Versorgung unter Berücksichtigung der notwendigen Wirtschaftlichkeit sicherstellen. Eine darüber hinausgehende weit überdurchschnittliche zahntechnische Leistung kann durch die in der BEL genannten Höchstpreise abrechnungsmäßig nicht begrenzt sein.

2. Auch die BEB-Liste leistet für die Angemessenheit zahntechnischer Leistungen keine verbindlichen Vergütungsansätze.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

1 U 100/98

Verkündet am 10. Januar 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 1999 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 11. November 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer: 11.535,26 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht ist mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, davon ausgegangen, dass für die hier umstrittene Abrechnung - und zwar unabhängig davon, ob Werk- oder Dienstvertragsrecht anzuwenden ist - § 9 GOZ zugrunde zu legen ist. Danach sind Auslagen für zahntechnische Leistungen in der tatsächlich entstandenen angemessenen Höhe zu berechnen. Die hier umstrittene Rechnungspositionen sind im Sinne der genannten Vorschrift angemessen, auch wenn sie die Ansätze der sog. BEL-Liste und der sog. BEB-Liste übersteigen.

Die BEL-Liste, die als Höchstpreisliste im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt worden ist, kann für eine privatärztliche Versorgung wie hier ohnehin nicht herangezogen werden. Sie ist unter sozialversicherungsrechtlichen und politischen Gesichtspunkten entwickelt worden und soll lediglich eine nach wissenschaftlichem Stand ausreichende und zweckmäßige Versorgung unter Berücksichtigung der notwendigen Wirtschaftlichkeit sicherstellen. Eine darüber hinausgehende weit überdurchschnittliche zahntechnische Leistung, die hier vorliegt und so auch gewünscht war, kann durch die in der BEL genannten Höchstpreise abrechnungsmäßig nicht begrenzt sein. Im Übrigen wird insoweit auf die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Urteils und die Ausführungen des Sachverständigen ####### in seinem schriftlichen Gutachten vom 4. August 1998 verwiesen. Die darin zum Ausdruck kommende Einschätzung hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung auch gar nicht ernsthaft in Frage gestellt. Denn dort (S. 4, Bl. 243) hat er selbst ausgeführt, dass gegen eine Abrechnung nach der sog. 'Bundeseinheitlichen Benennungsliste für zahntechnische Leistungen (BEB)', deren Sätze noch in ganz erheblichem Maße über denen der BEL liegen, keine Bedenken bestehen.

Aber auch die BEB-Liste leistet für die Angemessenheit der hier fraglichen Leistungen keine starren, verbindlichen Vergütungsansätze. Die BEB-Preisliste wird nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (S. 5, Bl. 166) ständig weiter entwickelt und begleitet die private Gebührenordnung für zahnmedizinische Leistungen (GOZ). Dies beruht darauf, dass in der Zahntechnik in den letzten Jahren neue technische Verfahren erschlossen und anspruchsvollere Präzisionsnormen geschaffen worden sind, die in Verbindung mit wissenschaftlichen Kenntniserweiterungen zum Einsatz von weiter gehenden Geräten, Materialien und handwerklichen Techniken geführt haben.

Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze plausibel dargelegt, dass die in der Berufungsinstanz noch umstrittenen von der Klägerin geltend gemachten Beträge letztlich nicht zu beanstanden sind. Auch die Angriffe der Berufung führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit diese den Kostenstundenansatz betreffen, sind die Rechnungen des Zahnarztes anders aufgebaut und weisen einen Kostenstundensatz nicht aus (vgl. dazu das schriftliche Sachverständigengutachten S. 7, Bl. 168). Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass der Kostenstundensatz im Grunde nur eine Richtgröße bzw. eine Hilfsgröße ist, die eine untergeordnete Rolle spielt und aus der sich nicht ergibt, wie viel Zeit der Techniker für die speziellen Behandlungsobjekte tatsächlich gebraucht hat. Das beruht darauf, dass man natürlich in Fällen, in denen ein großer Aufwand und viel Präzision verlangt werden, mehr Zeit benötigt als in anderen Fällen. Der Kläger hält - umgerechnet auf einen durchschnittlichen Kostenstundensatz - 90 DM pro Stunde für gerechtfertigt, ist aber bereit, einen Stundensatz von 138 DM zu akzeptieren. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, dass nach seinen Erkundigungen auch ein Kostenstundensatz von 140 DM bei hoch qualifizierten Arbeiten angemessen ist, der aber bei einem hoch qualifizierten Labor und entsprechenden Leistungen im Einzelfall auch noch überschritten werden könne. Dass es sich im vorliegenden Fall jedenfalls um qualitativ hochwertige zahntechnische Leistungen gehandelt hat, hat der Beklagte schon in erster Instanz selbst nicht bezweifelt (vgl. den Schriftsatz vom 15. September 1998 S. 4, Bl. 183). Der Sachverständige hat durchaus auch einige Anknüpfungspunkte dafür gegeben, weshalb er die erbrachten Leistungen als hoch qualifizierte Arbeit angesehen hat. Er hat die Einzelbelege der Laborabrechnung mit den Laborpreislisten mehrerer niedersächsischer Labore verglichen und ist zum Ergebnis gekommen, dass sie zwar an der oberen Grenze angesetzt, aber noch vertretbar sind. Zur hohen Qualifikation hat er ausgeführt, dass hier bereits im Jahre 1995 Techniken zum Einsatz gekommen sind, die absoluten Spitzenstandard darstellten, und dabei exemplarisch darauf verwiesen, dass im Sinne einer vollendeten Kosmetik bei der Verwendung von Metallkeramikkronen im Frontzahnbereich zusätzlich Keramikschultern zur Optimierung gestaltet wurden, was einen erheblichen Mehraufwand bedeute. Er hat den Rechnungen bestimmte Techniken entnommen und ausgeführt, dass die Kosten für metallkeramische Kronen einen erheblichen Faktor darstellten. Darüber hinaus ist den Rechnungen auch zu entnehmen, dass die Arbeiten nicht einfach waren (vgl. die Erläuterungen 'nicht konzeptionsgerechte Okklusion' in der Rechnung vom 26. Juli 1995 und 'erschwerter Zugang' in der Rechnung vom 13. Dezember 1995). Insgesamt ist aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen festzustellen, dass die Abrechnung zwar an der oberen Grenze liegt, aber noch als angemessen betrachtet werden muss.

Das gilt letztlich auch für die umstrittenen Lagerhaltungskosten für die Implantatteile. Soweit der Beklagte darauf hinweist, diese seien in der Rechnung gar nicht ausgewiesen, liegt dies am Abrechnungsmodus des Zahnarztes. Der Sachverständige hat das sehr wohl gesehen, aber aus von ihm im Einzelnen genannten Gründen zu Recht angenommen, dass diese Position im Rahmen der gesamten Abrechnung Berücksichtigung finden muss. Mehrkosten für Lagerhaltung zwischen 17 % und 20 % gegenüber dem Einkaufspreis entsprechen der gängigen Praxis (vgl. S. 9 und 10 des schriftlichen Gutachtens, Bl. 170/171 und die mündlichen Erläuterungen im Termin vom 7. Oktober 1998, Bl. 190) und sind auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus nachvollziehbar.

Demgemäß war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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